MITTWOCH, 15 AUGUST 2012 / WWW.20MINUTEN.CH

«Ich will Arbeitgebern Ängste nehmen»

ZÜRICH. Daniela Moser hat als Jahrgangsbeste ihre KV-Lehre abgeschlossen. Die beinahe Blinde setzt sich für die Jobchancen von Sehbehinderten ein.

Die Welt von Daniela Moser besteht aus Schemen. Bis zu einem Abstand von zwanzig bis dreissig Zentimetern erkennen ihre Augen noch knapp Umrisse. Sie ist sehbehindert. Trotzdem hat sie diesen Sommer ihren KV-Lehrabschluss mit der Note 5,2 bestanden. Sie war die Beste beim Basisprofil des Jahrgangs. «Manche Mitschüler waren eifersüchtig, weil ich bei den Prüfungen einen Drittel mehr Zeit bekommen habe als sie», sagt die 19-Jährige. Doch das habe ihr keinen Vorteil verschafft. Als Sehbehinderte braucht sie schlicht mehr Zeit zum Lesen.
Die Welt der Nichtbehinderten war für Daniela nach der Schulzeit in der Blindenschule eine neue Erfahrung. Hier will die junge Emmentalerin bestehen. Ein Jahr bleibt ihr noch als Sachbearbeiterin in ihrem Lehrbetrieb, dem Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverband. Danach möchte sie sich auf den freien Arbeitsmarkt wagen. «Ich will den Arbeitgebern die Angst davor nehmen, Menschen mit Behinderung anzustellen», sagt sie.
Doch das sei schwierig. Kaum ein Betrieb traue sich, ein solches Experiment zu starten. «Wenn sie aber keine Erfahrungen mit Leuten wie mir sammeln, dann wissen Arbeitgeber gar nicht, was wir alles können.» Für manche Aufgaben brauche sie etwas mehr Zeit. «Aber weil Sehbehinderte ohne Maus arbeiten, sind wir bei der Computerbedienung oft schneller als Sehende», sagt Daniela. Sachbearbeiterin in einem Betrieb oder die Arbeit in einer Telefonzentrale und vielleicht einmal den Lehrmeisterkurs: Das wäre Daniela Mosers Traum.
ELISABETH RIZZI